Über sensationelle Aussichten, einer Festungsstadt mit 1000 Fenstern, die quirlige Haupstadt und vielen bleibenden Eindrücken: Mitte und Norden Albaniens sind ein Quell an Natur, Kultur und Geschichte.

Auch nach Tagen der “Eingewöhnung” an Albanien reißt unsere Begeisterung für das Land nicht ab. Im Gegenteil: Mit seinen vielen Widersprüchen und der Herzlichkeit zieht das Land vor allem mich immer tiefer in den Bann. Dabei ist es völlig egal, ob wir antike Orte besuchen, Naturschauspiele bewundern oder einfach mit Albanern ins Gespräch kommen. Und nicht selten war auch einfach der Weg das Ziel. So beim Llogara-Pass.

Der Llogara-Pass

Vorneweg: Die meisten Infos über Albanien haben wir von Lui und Steffi vom Blog Comewithus2, und von hier stammt auch der Tipp mit dem Llogara-Pass. Zwar wären wir die Strecke sowieso gefahren, da sie einfach auf unserer Route liegt, aber gewiss nicht so bewusst. Nach unserem Hippie-Campingplatz und der spannenden Schotterstraße zurück in die Zivilisation landen wir schon direkt auf der SH 8, die uns kurze Zeit auf eben diesen Pass lenkt.

Die Kinder sind erstaunlicherweise beide nach der Holperstraße eingeschlafen, und so haben wir sogar endlich mal die Gelegenheit, einfach ganz in Ruhe und mit ausschließlich Musik unserer Wahl (halleluja!) die Strecke zu genießen. Und die ist so wunderschön! Links das türkise Meer, rechts Berge und vor uns schlängelt sich die schmale, aber gut ausgebaute Straße durch kleine Städtchen hindurch immer weiter hinauf.

Irgendwann werden die Camper mehr, und wir wundern uns ein wenig, warum auf manchen Haltepunkten komplette Fotografier-Panik entsteht. Wenig später wissen wir es. Doch zunächst schlängeln wir uns weiter auf 1000 Meter hinauf, dem höchsten Punkt des Passes. Hier warten mehrere schicke Restaurants auf ihre Besucher, und auch wir setzen uns für ein Mittagessen auf die mega Panorama-Terrasse. Für unverschämt günstige 15 Euro schlagen wir uns die Bäuche voll und fahren kurze Zeit später auf dem Weiterweg in eine komplett andere Welt. Wo ist nur das Meer so schnell hin? Wo kommt auf einmal die viele Vegetation her? Und die vielen Pensionen, Gasthäuser, Mini-Campings? Wir sind mitten im Wanderparadies gelandet. Schade, dass wir mit den Kids nicht so lange auf Tour gehen können – und schwupps, steht schon ein neuer Punkt auf unserer To-Do-Liste für den nächsten Albanienbesuch…

Apollonia – wo einst der Handel florierte und jetzt die wilden Landschildkröten wohnen

Für seine 2.500 Jahre noch wirklich gut in Schuss – Apollonia

Am nächsten Tag geht es weiter in die antike Ruinenstadt Apollonia. Die ehemalige Metropole wurde bereits vor knapp 2.500 Jahren gegründet und war einst wichtige Handelsstadt. Anscheinend ist die Anlage westlich von Fier noch nicht allzu lange touristisch aufgearbeitet, wir sind nämlich zunächst erstmal an der Abzweigung vorbei gefahren, weil wir ein winziges Schild übersehen haben und nicht recht glauben konnten, dass sich in dem engen Dorf eine einstige Metropole finden sollte. Am Ziel dann aber die Überraschung: Apollonia ist top hergerichtet und wartet mit Drehkreuzen, Wartebändern und riesigem Parkplatz auf ihre Besucher – die allerdings (zumindest an unserem Besuchstag) auf sich warten lassen. Wir sind hier so ziemlich alleine und zahlen 8 Euro Eintritt für 2 Personen, Kinder sind frei. Allerdings ist die Stimmung bei uns nicht sonderlich gut: Die Großen, sprich Biba und der Gatte, haben nämlich keine Lust auf alte Steine. Außerdem ist es viel zu heiß.

Wer raschelt da?

Also trennen wir uns nach wenigen Metern und ich dackele mit Bo in der Bauchtrage und nassem Tuch alleine durch die Ruinen, während sich die anderen im schattigeren Museum umschauen, welches sich wirklich sehen lassen kann. Im Prinzip sind auch die Überbleibsel der einstigen Metropole sehr gut aufgearbeitet, Schilder zeigen sogar, wie der jeweilige Ort einst ausgesehen hat. Allerdings ist das Gelände riesig und die Wege nicht gut beschriftet. Auf einer Anhöhe ist ein kleiner Kiosk mit Picknickwiese und genialem Ausblick, hier treffe ich auch auf eine herumspazierende wilde Landschildkröte. Essen (es ist so verlockend, wenn es so günstig und lecker ist!) tuen wir allerdings sehr, sehr gut im Restaurant am Museum, da wir uns hier wieder treffen wollten. Und gerade als wir gehen, kommen sie tatsächlich: mehrere (kleine) Reisebusse. Anscheinend waren wir wieder einmal zu früh für den gewöhnlichen Trubel.

Genialer Pass, genialer Platz direkt am Meer.

Von Selfmadewein und Gratis-Frappé

Weiter geht die Fahrt, diesmal Richtung Berat. Wir fahren durch typisch Albanische Städte, die sich so schwer beschreiben lassen: Voller Leben, voller Kuriositäten, und voller Ideen. Und nach zwei Fehlversuchen finden wir auch endlich mal wieder einen Geldautomaten mit Geld. Auf unserem Campingplatz angekommen werden wir erst einmal wieder freundlich mit Frappé und Saft begrüßt. Da es so heiß ist, veranstalten wir ersteinmal ein kollektives Duschen mit dem Gartenschlauch, und Biba packt mal wieder ihre Wasserfarben aus. Abends wir es angenehm kühl, und als die Kinder im Zelt sind gönnen wir uns aus dem Restaurant eine Flasche Wein – vom Hausherrn selbst gemacht und in einer PET-Flasche abgefüllt. Er schmeckt so… Naja. 🙂

Berat – wo die Menschen in der Festung wohnen und wir überhitzen

Berat gehört wieder zu den bekannteren Zielen Albaniens. Das merkt man sofort. Von der Kajala, der alten Burgfestung, habe man wohl einen sensationellen Blick auf die Stadt sagt man uns. Das ist wohl wahr, allerdings wurde uns verschwiegen, dass wir dafür 600 Höhenmeter bei 31 Grad (um 11 Uhr) auf einem gerade zu renovierenden Weg steil bergauf müssen. Tschakka! Oben angekommen staunen wir nicht schlecht: Die Burgfestung ist noch komplett bewohnt, eine richtige kleine Stadt mit einer Bäckerei, kleinen Läden, vielem Tourikram, Wohnhäusern und Hotels stehen neben verlassenen und eingefallenen Ruinen. Wir schlendern durch die Burg und finden in der Tat: Die Aussicht ist grandios. Wenn die Hitze nicht wäre! So huschen wir nur von Schatten zu Schatten und beneiden Bo, der unter seinem kühlen Handtuch in der Bauchtrage getragen wird. Leider haben wir wegen der Hitze die restliche Stadt nicht wirklich gesehen, ich wäre gerne noch durch die Fußgängerzone geschlendert und durch die Viertel auf Entdeckungstour gegangen!

Der nigelnagelneue Skanderberg-Platz im Herzen der Stadt.

Die Stadt der Gegensätze – Tirana

Tirana ist lebendig. Und modern. Und schon wieder anders als das andere Anders Albaniens. Um besser im Geschehen und mitten drin zu sein, buchen wir hier für 2 Tage ein Hotel in der Stadtmitte (für 60 Euro insgesamt, inklusive Frühstück, Parkplatz und Balkon). An der Rezeption empfängt man uns aufgestylt, bauchfrei und in nahezu einwandfreiem Deutsch. In der Ferne ruft der Muezzin. Später bleiben die Jungs im klimatisierten Zimmer, während Biba und ich uns zu einem “Mädels-Entdeckungsmittag” aufmachen. Wir laufen ohne Plan und Ziel durch die Stadt und ich kann dieses Land immer weniger in Worte fassen. In heruntergekommenen und völlig zerfallenen Häusern wohnen Familien mit Hühnern und Hunden. Daneben ist eine Luxus-Boutique. Ums Eck wirbt ein Geschäft mit ökologisch-veganer Bio-Kosmetik. Wieder etwas weiter ist eine ganze Gasse zu einer Art Basar umfunktioniert worden. Dann landen wir in einer Straße ausschließlich mit Handyläden. Biba und ich staunen nicht schlecht, und kaufen uns erst einmal in einer Bäckerei einen üppigen Snack für die ganze Familie, und zahlen dafür nicht einmal 2 Euro.

Dachzelt hat Pause und wartet vor dem Hotel auf uns.

Erst am späten Abend, als es etwas kühler wird, starten wir zu den eigentlichen Highlights: Dem Skanderbergplatz zum Beispiel. Der Platz sah so völlig anders aus als in unseren Reiseführern, da er wohl erst Ende 2017 fertig umgebaut, das Gelände gepflastert und autofrei gemacht wurde. Sehr schick ist es geworden, wie ich finde. Neben der Skanderberg-Statue steht ein historisches Karussel, das berühmte Museum thront mit seinem Mosaik am Südende, vor den beleuchteten Fontänen spielen Straßenkünstler Musik und Jugendliche zeigen ihre Kunststücke im Breakdance, mit dem Rad oder dem Skateboard. Die Oper, die Et’hem Bej Mosque und der Uhrturm, alles anscheinend Touri-Highlights, werden noch restauriert.

Ich hätte mich einfach stundenlang einfach auf den Platz setzen und den ganzen Trubel bewundern können!  Aber leider, und das gehört irgendwie auch dazu, war Biba an diesem Tag alles andere als guter Laune und sehr müde, weswegen wir unsere erste Nacht in der Hauptstadt auf dem Hotelbalkon verbrachten und die Kids endlich mal etwas kühler als im Zelt schlummern konnten.

Dajti Express: Tolle Aussichten in spaktakulärer Höhe – Die Gondel kommt aus Österreich –

Mit dem Dajti-Express den Berg hinauf

Am nächstenn Tag ging es dann ganz hoch hinaus und ziemlich tief hinab in den Untergrund. Zuerst wollten wir uns die Markthalle ansehen, die allerdings ein ziemlicher flop war – da wenig Stände und wenig besucht, und auch gar keine Halle. Dann fuhren wir mit dem Taxi zur Seilbahnstation Dajti, und tingelten mit der Gondel auf 1000 Metern Höhe (8 Euro pro Person hoch und runter). Oben erwartet uns neben einer wundervollen Aussicht auch das volle Touriprogramm, nur wie so oft ohne Touris. Immerhin gibt es dort gleich mehrere Spielplätze und Restaurants. Da die Aussichtsplattform bei unserem Besuch leider geschlossen und alle weiteren Aussichten von Baustellen blockiert waren, mussten wir allerdings in ein Restaurant gehen um die Aussicht auf die Hauptstadt zu genießen, wo wir nach kurzer Zeit freundlich darauf hingewiesen wurden, dass dieses Privileg nur hier dinierenden Gästen vorbehalten ist.

Tirana von oben.

Highlight und besondere Empfehlung: Die Bunkeranlage Bunkart

Wieder unten angekommen liefen wir zur nächsten Attraktion: Dem ehemaligen Bunker der Oberen von Staatschef Enver Hoxa. Was soll ich sagen: Ein absolutes must see! Der riesige Bunker ist sehr gut erhalten und sehr gut aufbereitet: Man kann einfach hindurch schlendern und wird sofort in den Kommunismus zurück versetzt. Und auch wenn ich schon viele Bunker gesehen habe – einen so umfangreichen mit mehreren Wohnungen, Audienzsaal, Schule und Einkaufsladen war bisher nicht dabei. Biba war sehr zurückhaltend. So ganz geheuer war ihr das alles nicht, und nach einem Crashkurs Krieg (Kurzfassung: Die “Guten” haben sich hier versteckt, damit die “Bösen” sie nicht finden) war sie zwar sehr neugierig über die “Stadt unter der Erde”, manche Themenräume waren ihr allerdings zu gruselig für sie, und irgendwann wollte sie nur noch getragen werden und vom Arm heraus alles anschauen. Wir teilten uns also auf: Biba und ich gingen in den Audienzsaal und warteten, bis der Gatte und der schlafende Bo die Räume durchgesehen hatte und dann wechselten wir. Unser Fazit: Falls Ihr jemals nach Tirana kommen solltet, unbedingt anschauen! Mein persönliches Highlight war der völlig dunkle Raum, mit dem den Besuchern ein realistisches Angriffszenario dargestellt wurde: Völlig im Dunkeln mit den passenden Soundeffekten. Da wird einem schon ganz anders.

Wieder draußen feierten wir alle zusammen, dass wir in Frieden leben können – mehr denn je!

 

Riesig und atemberaubend: Die Bunkeranlage Bunkart (1). Ein sensationeller Lostplace.

Ausklang im Spielrestaurant

Tirana ist wie gesagt an jeder Ecke für Überraschungen gut. So fanden wir zwar nicht die angepeilte Bushaltestelle, aber dafür ein tolles Restaurant mit Biergarten und einem betreuten Kinderindoorspielplatz. Da Biba den Bunker so gut mitgemacht hatte, ließen wir uns also für einen Snack nieder und sie marschierte schnurstraks zum Spielplatz. Lecker war es, und die Bedienung freute sich sehr, mal wieder das Deutsch auszupacken, denn auch sie war für mehrere Monate in Deutschland und hat sogar Sprachlevel B2 erreicht. Später wurde uns dann noch ein Junge organisiert, der uns zur gesuchten Bushaltestelle brachte. Wir waren sehr froh, dass wir auf dem Berg nicht der Aussicht wegen etwas gegessen hatten, sondern diesen knuffigen Ort (Bar “Lulishtja”) fanden.

Sehr lecker, sehr gemütlich und absolut kinderfreundlich! Zufallstreffer bei der Suche nach der Bushaltestelle

Abschied von der Haupstadt

Den Abend verbrachten wir bis spätabends in der Innenstadt. Wir schlenderten auf dem Skanderbergplatz herum und erkundeten die ein- oder andere Seitenstraße, in der überall Cafes, Kneipen und Restaurants mit Livemusik aufwarteten. Biba durfte mit dem historischen und wunderbar beleuchteten Karussel fahren (80 Cent/Fahrt, Elternteil fährt umsonst mit). Der perfekte Abschluss für einen perfekten Aufenthalt in dieser tollen Stadt. Am nächsten Tag schon verließen wir Tirana wieder – unter großem Hallo der Hotelbesitzerin und -angestellten. So gerne wäre ich noch länger geblieben. Aber eins steht fest: Obwohl oder weil sich in wenigen Jahren hier sehr viel verändern wird – auch in Tirana war ich sicher nicht zum letzten Mal!

Stadt im Wandel – vermutlich ist hier bald alles ganz anders.

 

Albanien: Llogara-Pass, Berat und Tirana

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