Wie ist es, mit einem Baby auf große Reise zu gehen?

Im kleinen, verranzten Pool im Roadhouse von Kulgera treffen Welten aufeinander. Unser Mädchen freut sich riesig, als sie dort im Wasser ein weiteres Baby entdeckt. Das weitere Baby freut sich riesig, als es unser Mädchen erblickt. Wir Mamas freuen uns darüber, dass sich die Babys so freuen. Die Begegnung mit dem kleinen Thomas und seiner Mama Sylvia wirkt bei mir noch lange nach. Wir beide sind voneinander sehr beeindruckt, und können kaum glauben, was die jeweils andere mit ihrem Baby erlebt. Denn: Sylvia, ihr Mann und der kleine Thomas sind die Inhaber dieses Roadhouses. Sie leben hier mit 4 Mitarbeitern alleine mitten im Nirgendwo.

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Wir hingegen sind jeden Tag woanders. Sind, abgesehen vom kleinen “Pausen” wie Duschen oder Abwaschen, seit Wochen rund um die Uhr zusammen. Einerseits in einem vielleicht 6 Quadratmeter großem Camper, andererseits in der großen weiten Welt voller Abenteuern und Entdeckungen. Klar haben wir uns vorher Gedanken darüber gemacht, wie das wohl so wird. Und klar ist es nun ziemlich anders als gedacht. Das Reisen mit Baby, so stimmen unsere Vorstellungen mit der Realität überein, ist anders als unsere früheren Touren mit dem VW Bus oder dem Rucksack auf dem Buckel. Wie genau? Nun, das können wir gar nicht so recht sagen. Um ehrlich zu sein schieben wir diesen Text schon lange vor uns her, weil wir einfach nicht in Wort fassen können, was genau anders ist. Klar, die organisatorischen Dinge: Wir planen mehr vor. Wir fahren sehr viel kürzere Strecken. Und wir sind flexibel – wenn es zu stressig wird oder wir einen Ort besonders toll finden, bleiben wir etwas länger dort. (Und um ganz ehrlich zu sein, Kulgera, wo klein Thomas mit seinen Eltern und den Angestellten wohnt, gehört da nicht dazu).

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Ich meine, welches Baby kann schon von sich behaupten, mit acht Monaten durch das Valley of the Winds gelaufen (ok, getragen worden) zu sein? Nun gehört es ja nicht zu den Eigenschaften eines Babys, mit seinen Erlebnissen zu prahlen. Machen wir uns doch nichts vor: Unsere Tochter wird morgen bereits vergessen haben, was heute passiert ist. Sie kann sich nicht mehr daran erinnern, dass ich ihr fast jeden Abend zum Einschlafen Hannes Waders “Heute hier, morgen dort” vorsinge und dabei mit ihr auf dem Arm ganz schöne Kilometer über diverse Campingplätze mache, bis sie schläft. Ihr ist es egal, ob sie ihre ersten Schritte in Deutschland oder Australien macht – sie weiß ja nicht einmal, was dabei der Unterschied ist. Und dennoch bin ich mir ganz sicher, dass sie von der Reise profitiert.

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Vor allem, weil wir so viel Zeit gemeinsam verbringen. Gemeinsam entdecken wir verlassene Strände, witzige Tiere und leckeres, feldfrisches Obst. Gemeinsam lachen wir auf diversen Spiel- und Wasserspielplätzen, wir staunen über die Unterwasserwelt im Great Barrier Reef und gemeinsam freuen wir uns über die Überraschungen, die der Tag so mit sich bringt. Auch stehen wir die trockene Hitze des Outbacks gemeinsam aus, die unerträgliche Fliegenplage, die 3. und 4. Zähnchen und die ersten  Wehwehchen, die bei den ersten Gehversuchen anfallen…

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Nun kommt es beim Reisen mit Babys natürlich vor allem auf das Baby an. Unsere Tochter war schon immer eine ganz aufgeweckte kleine Maus, die bis auf wenige Ausnahmen unglaublich happy ist, ein richtiger Sonnenschein. Und sehr gesprächig. Hat sie Gefallen an etwas gefunden, kann sie es stundenlang betrachten, in den Händen hin und herdrehen und dabei munter vor sich hin plappern. Das war schon in Deutschland so. Hier in Australien versteht sie mit ihren 7 bzw. 8 Monaten ihre Umwelt immer mehr. Und staunt über alles, was sie zum ersten Mal sieht. Und sie sieht irgendwie immer irgendetwas zum ersten Mal: Vögel, Fische, Blumen, klar, aber hier eben auch den Ayers Rock, Kängurus und Papageien. Außerdem hat sie hier bereits winken, sitzen und das (Speed-)Krabbeln gelernt, sie fängt an sich an allem selbstständig hochzuziehen und interessiert sich außerdem total für andere Menschen (winkt und grinst einfach jeden an, den sie sieht. Und was ist das für eine Freude, wenn die dann zurückwinken und mit ihr schäkern!) So süß! Unsere Kleine hat die wunderbare Eigenschaft, alle Menschen sofort in ihren Bann zu ziehen. Zumindest alle Australier, die Deutschen sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sie überhaupt zu bemerken. Egal wo wir auch hingehen, das Kind lacht, winkt, plappert – und organisiert uns so einen kleinen Smalltalk. So haben wir schon viele nette Leute kennen gelernt und wertvolle Tipps gekriegt…

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Das Reisen macht uns dreien richtig Spaß. Das Baby macht schon fast den Eindruck als wäre es enttäuscht, wenn wir mal an einem Tag nichts neues entdecken sondern einfach nur gemütlich vor uns hin trödeln. Wir haben gelernt, dass sie Wasser liebt, in jeder Form: Pools, Meer, Unterwasserboote, Rasensprenkler, Regenschauer im Regenwald oder ein Bad im Spülbecken unseres Campers. Wir haben gelernt, dass es Spielplätze gibt, die auch viele Elemente für Säuglinge haben – und unsere Kleine genau diese liebt. Wir haben vor allem gelernt, dass ein Tag nicht mehr braucht als ein bisschen Autofahren zum Schlafen, ein bisschen Sightseeing zum Entdecken und viiiiel Zeit zum Spielen. Wir spielen mindestens 3 Stunden täglich alle zusammen auf Spielplätzen, im Wasser, mit Spielzeugen oder in der Natur. Das gefällt nicht nur dem Baby, sondern auch uns – so sehr sogar, dass ich nach dem Duschen schon enttäuscht bin, wenn sie beim Spielen mit dem Papa eingeschlafen ist…

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Wir machen uns natürlich auch mehr Gedanken um unsere Sicherheit. Seit wir zu dritt sind haben wir gelernt, dass man mit Baby nur noch alles falsch machen kann. Spätestens auf der Reise haben wir gelernt, dass man automatisch doch irgendwie alles richtig macht. Das perfekte Hitze-Durchsteh-Programm zum Beispiel. Oder Babyverstopfungs- bzw. Durchfallprobleme lösen. Eine babyfreundliche Bettwanzenbekämpfung. Und ihr könnt mir glauben – mit Baby an einem vom Buschfeuer zerstörten Rastplatz vorbei zufahren ist ein deutlich besseres Gefühl, als auf diesem übernachtet zu haben… Entgegen unserer früheren Gewohnheit haben wir noch kein einziges Mal wild gecampt. Auch wenn die Sache mit dem Buschfeuer angeblich gar nicht schlimm war, nicht mal die Straße wurde gesperrt geschweige denn die naheliegende Tankstelle evakuiert…

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Wir machen auch vieles bewusst nicht, weil es (in unseren Augen) nicht mit Baby machbar ist. Zwar ist es schon schade, dass wir den Kings Canyon oder die Whitsundays links liegen gelassen haben. Sehr sogar. Doch die Hitze (Canyon macht nur mit einer sechs Kilometer langen Wanderung Sinn (bei minimum 36 Grad)) und die Strapazen einer Ganztages-Tour bei zu weißem Sand (ja wirklich, man soll ohne Sonnenbrille nicht die Insel betreten, da sie die Augen vor den hellen UV-Strahlen schützt) haben uns dazu veranlasst, diese Dinge aus Rücksicht vor der Kleinen eben nicht zu tun. Wir lassen also die ein oder andere Attraktion bewusst aus. Und entdecken Orte, die in keinem Reiseführer stehen aber trotzdem total toll sind. Abends irgendwo in der Pampa fernab der Touristraßen mit Australiern oder Backpackern ein Bierchen trinken zum Beispiel. Oder einfach mal den halben Tag auf einem der vielen tollen Spielplätze verdümpeln. Das klingt zwar später nicht so toll zum Erzählen, sind aber die eigentlichen tollen Familien-Erlebnisse, finden wir zumindest.

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Es heißt ja, man kann die Freude an einer Reise ganz einfach anhand einer einzigen Frage messen: Würdest du es wieder tun, genau so?
Ich würde. Jeden einzigen Tag. Genau so! In Australien und später hoffentlich auch in Neuseeland. Auf genau diese Art. Und – Achtung, Schnulz – vor allem zusammen mit den zwei tollsten Menschen der Welt!

 

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Vom Reisen mit Baby

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