Nach acht Tagen voller Entspannung und Badeerholung in Österreich und Ungarn beginnt nun das richtig große Abenteuer: Rumänien.

Und das beginnt schon direkt an der Grenze. Nach einer schönen, wenn auch langen Fahrt durch die ungarische Puszta, sieht das rumänische Grenzgebäude schon so aus, als würde es in Kürze zusammen krachen. Direkt nach der nach der Grenze beginnen die Schlaglöcher. Als wir uns nach 100 Metern auf einem Schotterparkplatz eine Vignette kaufen, werden wir gleich von Männern belagert, die uns irgendeinen Krempel andrehen wollen. Als wir durch Oradea fahren, die erste große Stadt in Rumänien, sind Schilder Mangelware, Verkehrsregeln sowieso, und generell macht alles einen sehr chaotischen Eindruck. Genau so haben wir uns das vorgestellt.

Auf den 1. Blick ein schnuckeliger Platz.

Den Erwartungen gerecht

Fast schon erschreckend, wie sehr unsere Vorstellung eingetroffen ist… Da wir einen Tag früher dran sind als gedacht, wollten wir eigentlich eine Nacht in einem Kurort verbringen, der allerdings – da haben wir uns tatsächlich in unserer Vorstellung geirrt – nicht wirklich einem Kurort aus Deutschland ähnelt: Plattenbau, Gammelgebäude und runtergekommene Bäder sind jetzt nicht unbedingt erholsam… Trotzdem finden wir etwas enttäuscht von unserer eigentlich sehr guten Karte mit Ach und Krach (von 5 Campingplätzen auf unserer Karte sind 4 nicht mehr existent) in dem Thermal-Ort “1. Mai” einen Platz mit Zelten und einem Klohäuschen drauf. Nichts Besonderes auf den ersten Blick, aber auch nichts dramatisches. Dachten wir. Auf den ersten Blick wie gesagt.

Reinfall

Wir vereinbaren mit Händen und Füßen einen Preis für eine Nacht, bauen schnell in der Höllenhitze unser Zelt auf und Snacken etwas – und dann passiert es: Als Biba dann Mal muss fiel mir wieder das Lostplace-Roadhouse in Glendambo / Australien und unser vorübergehende Vorgehensweise ein: First Check, dann Check in. Kurz: von 3 Waschbecken ist bei zweien die Armatur herausgerissen und lommelt rum, beim letzten kommt kein Wasser. Die Duschen sind versifft und haben weder Brause noch Vorhang (oder Wasser) und die Klos sind zugeschissen und verstopft. Vermutlich gibt es auch da kein Wasser. Biba ist entsetzt, auch, dass ich ihr vorschlage, in die Dusche zu pinkeln. Wir einigen uns darauf, ins Gebüsch zu gehen. Und ich hoffe, dass keiner von uns ein großes Geschäft erledigen muss…

Hauptsache Erfrischung…

Egal. Wir sind da, wir haben einen Stellplatz und wir wollen nichts sehnlicher als ins kühle Nass. Und das gibt es gleich zweifach: Es gibt 2 rappelvolle Schwimmbäder. Ausländer wie wir sind allerdings fehlanzeige. Es gibt auf dem Campingplatz nur noch eine eine polnische Familie, alles andere sind Inlandstouristen. Bevor wir aber überhaupt ins Bad können brauchen wir Geld. Ein Geldautomat ist aber nirgendwo zu finden. Geldautomaten gibt es nur bei Banken und die gibt es nur in großen Städten, erklärt uns eine nette Frau in einer Hotelrezeption, nachdem wir bei 35 Grad schon ewig lange durch die Stadt gelaufen sind. Die Frau hat anscheinend Mitleid mit uns und bietet uns an, Euro gegen rumänische Lei zu tauschen, doch wir haben leider gar keine Euros dabei. Nur noch ein paar ungarische Forint. Glücklicherweise tauscht sie uns auch das.

 

Thermen bei 33 Grad.

Endlich mit Geld ausgestattet, wollen wir also nun in eins der beiden Schwimmbäder gehen. Allerdings ist von außen betrachtet das eine Schwimmbad nicht sonderlich viel mit Wasser ausgestattet. Mindestens ein Becken ist komplett leer, beim anderen Schwimmbad sind die Rutschen nicht an und mehr Becken sieht man nicht. Als wir endlich den Eingang des überfüllten Bades finden (man muss mehrere Häuser umlaufen, um hinein zu kommen) und ins Becken gehen glauben wir es kaum: Das ist tatsächlich Thermalwasser! Biba zumindest findet das toll. Also lassen wir uns wie alle anderen Besucher auch bei 33 Grad in 33 Grad warmen Wasser kochen.

Hier war einmal wohl noch ein Campingplatz

Diese Deutschen!

Einzig das Kinderbecken ist kühl, da ist wohl kein Thermalwasser hat. Das mag wohl ein sehr komisches Bild gewesen sein, wie ganz Familie H. fröhlich im Kleinkinderbecken plantscht während der gesamte Rest sich in den Thermalbädern tummelt. Übrigens ist es hier wohl gang und gäbe, mit Bierflaschen und Kippen im Becken rum zu sitzen 🙂

So weit lassen wir uns noch nicht gehen, zumal wir ja immer noch im Kinderbecken baden. Plötzlich spricht uns eine Frau auf Deutsch an: Sie kommt aus Recklinghausen, besucht hier ihre Tante und will wissen, woher wir denn kommen und was uns denn ausgerechnet hier her treibt? Ausländer, noch dazu Deutsche, sind hier nämlich alles andere als oft anzutreffen… Die zieht es eher nach Siebenbürgen oder ans Meer… Und überhaupt habe der Ort hier mit Rumänien gar nichts zu tun…

Erleichterung macht sich breit – und ein Entschluss

Da müssen wir lachen. Vor Erleichterung. Ja dieser Ort mit dem komischen Namen 1. Mai und vor allem sein schrecklicher “Campingplatz” ist nix für uns. Da kriegen wir schon am 1. Tag einen Kulturschock. Wir wollen in kleine urige Dörfer, in denen Omas vor ihren Häusern Löcher in die Luft starren und wo sich Hühner und Kühe auf der Straße gute Nacht sagen. Nicht hier in diesem schrecklichen Pseudo-Ballermann der Thermenbesucher mit eiligen Klos, genervten Ferienjobbern und Bettelbanden. Wir beschließen also trotz der langen Anfahrt von fast drei Stunden nach unserem Schwimmbadbesuch noch einmal weiterzufahren. Und zwar zum eigentlich angedachten Campingplatz, den wir angesteuert hätten, hätten wir nicht eine Nacht in Ungarn ausgelassen.

 

Zurück zum Start

Nachdem wir Biba und Bo im Schwimmbad ordentlich ko gemacht (Biba gefiel trotz unseren Unmutes alles super!) und in einem Restaurant noch miserabel gespeist haben, gehen wir zurück zum Campingplatz, bauen unser Zelt wieder ein und erklären der Chefin erneut mit Hand und Fuß, dass wir hier wegen den nicht vorhandenen Sanitäranlagen nicht übernachten werden. Mit schlechtem Gewissen, a) mit den Kids schon wieder Auto zu zu fahren und b) das entgegen allgemeiner Empfehlung in der Dämmerung zu tun, tuckern wir also durch Dörfer hinter Pferdekarren her, schunkeln um Schlaglöcher herum und werden halsbrecherisch überholt. Nach eineinhalb Stunden landen wir endlich in einem kleinen Dörfchen mit super süßen Campingplatz und sensationellen Klos. Der Campingplatzbetreiber erwartet uns bereits und Gatte baut schnell unser Zelt auf und bugsiert erfolgreich die schlafende Biba hinein. Ich kann vor lauter Erleichterung nicht anders und gebe Bo in meinem Luftkissensofa noch einen Schluck Milch. Unser holländischer Nachbar spendiert uns ein Bier und ich bin einfach nur unfassbar glücklich, dass wir uns zu dieser Entscheidung entschlossen haben. Unser Dorf ist nämlich wie zu Beginn der Geschichte: genau wie in unseren Vorstellungen. Inklusive Omas vor den Häusern. Aber dazu später mehr.

Holpriger Start in Rumänien

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