Zwischen 8 und 9 Uhr abends kommen sie. Ihre Ankunft wird wie jeden Abend von den Dorfbewohnern erwartet, und auch wir sind mit dabei um sie willkommen zu heißen.

 

Dorfleben in Rumänien

Das stetig lauter werdende Muhen kündigt sie an: Die Dorfkühe kommen von der Weide zurück. Von einem Jungen angetrieben stapfen sie gemütlich über die Hauptstraße, bremsen das ein oder andere Auto aus, und biegen nach und nach in ihr Zuhause ab. Jede Kuh weiß, wo sie hin gehört, die Dorfbewohner müssen nur noch die jeweilige Tür hinter ihren Tieren schließen.

Nach wenigen Tagen in einem kleinen Dorf in Apusenien sind auch wir vollständig in Rumänien angekommen. Mal abgesehen von unserem holprigen Start in der rumänischen Touri-Hölle hat uns das Land schon jetzt überzeugt: Selten habe ich ein Land und seine Leute so authentisch erlebt. Tourismus, zumindest der Auslandstourismus, steckt überwiegend bestenfalls noch in den Kinderschuhen, und wir schätzen uns glücklich, Rumänien überwiegend echt und unverfälscht erleben zu dürfen. Nicht nur der Kinder wegen schalten wir einen Gang runter – wir merken, dass es uns Großen es auch gut tut, hier länger an einem Ort zu verweilen und somit kurz selbst Teil davon zu werden.

 

Jetzt, nach fast einer Woche, haben wir uns auch hier voll und ganz eingelebt. Wir wissen, dass wir hier bestenfalls Pioniere sind. Vor der Reise habe ich zwar versucht, aus Reiseführern irgendetwas Interessantes zu queschen, doch außer den Highlights in den großen Städten wie Bukarest oder Hermannstadt war nicht viel dabei. Bis auf einen Blog gab es auch in der Blogosphäre kaum Infos. Trotzdem hat das Land so unglaublich viele Dinge zu bieten, wenn man sie denn findet. Egal ob Höhlen, Burgen, geheimnisvolle Straßen oder süße Städtchen – ohne Insidertipps kommt man hier kaum weiter. Diese kriegen wir von Campingplatzbetreibern, Einheimischen, Mitreisenden oder man fährt zufällig daran vorbei und deutet die Schilder richtig. Wertvolle Tipps kamen auch von unseren Nachbarn zu Hause, die uns gerade für Siebenbürgen die tollsten Plätze auf der Empfehlungsliste gesetzt haben -> Danke schon mal hierfür!

Eingang der Meziadhöhle

Tourismus für Entdecker

Die Stolzenburg zum Beispiel. Eine alte Burg aus dem 12. Jahrhundert, in der tatsächlich jemand wohnt und für 80 Cent eben Besucher in die märchenhaften Burgruine – und irgendwie seinen eigenen Garten lässt. Oder das 200 Jahre alte Schwimmbad, in dem der Bademeister aussieht wie Käpt’n Iglo höchstpersönlich und der ebenfalls einfach dort wohnt. Oder die kleinen Dorfmärkte, auf denen jeder sein Obst und Gemüse aus dem Garten und sein Selbstgemachtes verkauft. Die Höhle in Meziad hingegen ist richtig gut für Touristen ausgebaut. Es gibt stündlich Führungen (auf Rumänisch) und ein spektakuläres Höhlenerlebnis – wenn man eben denn von deren Existenz weiß.

Wohnhaus oder Burgruine? Beides.

Orte aus den Reiseführern hingegen platzen sofort aus allen Nähten. Das Draculaschluss in Bran zum Beispiel erreichen wir gar nicht erst, weil uns die Tourimassen schon auf dem Hinweg zu viel sind. Das wurde uns einfach schon zu doof, also drehten wir um und steuerten einen Campingplatz am Fuße der Karpaten an. Und in Schäßburg trafen wir sogar auf die allerersten, wenn auch winzigen, asiatischen Reisegruppen.

Spätestens da wurde mir klar, wie untouristisch wir eigentlich sind. Ich könmte Euch hier tausende Fotos von den vielen, ganz normalen Dörfern zeigen, die wenig Showpotential für Instagram haben, aber einfach so bezaubernd sind. Weil sie echt sind. Ihr merkt: Je weniger Trubel und je mehr Authentizität, desto besser gefällt es uns. Und damit kommen wir hier in Rumänien völlig auf unsere Kosten. Auch, wenn bisher noch keine Kuh Richtung unserem Dachzelt abgebogen ist.

Als Touri-Pionier durch Rumänien

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